unter der Leitung von Peter Orloff

Geschichte der Kosaken, Kosakenführer und ihrer Atamane

Von Mythen und Legenden umwoben

Seit jeher ist der Name der Kosaken und ihrer Atamane (Heerführer oder Kosakenführer genannt) von Mythen und Legenden umwoben – sei es der kühne Ermak, der im Kampf gegen die Tataren fiel, Taras Bulba, dem Puschkin ein literarisches Denkmal und Hollywood eines aus Zelluloid setzte, der wilde Stenka Rasin, dessen Hochzeitsnacht mit einer orien talischen Fürstin – gleichfalls von Puschkin – in Verse gesetzt wurde oder Kudijar, dessen wundersame Wandlung vom zügellosen Räuberhauptmann zum gottesfürchtigen Mönch Vorbild für die „Legende von den 12 Räubern“ wurde.

Gestalten, die sich in das Buch der Geschichte eingetragen haben

Es sind Gestalten, die sich unauslöschlich und mit zum Teil blutroten Lettern in das Buch der Geschichte eingetragen haben und deren Glanz und Schatten in Liedern und Balladen weiterleben. Eine der schillerndsten Persönlichkeiten jener Tage war auch Grigorij Orloff, heimlicher Gemahl von Katharina II., die auch die Große genannt wurde, kein Kosak, aber als Heerführer des Russischen Reichs auch Oberbefehlshaber über die während der Regierungszeit von Katharina II. entstandenen Schwarzmeer Kosaken, deren Kosaken Reiter als die besten der russischen Kavallerie galten. Sie und die Don Kosaken sollten dereinst den Ruf der legendären russischen Kosaken Chöre begründen. The Cossacks, die Kosaken oder in russischer Sprache казакии wurden ein internationaler Begriff für höchste Gesangskultur, die man selbst in Russland als казачий хор в Германии kennt.

Eliteeinheiten im Dienste des Zaren

Im Verlauf der weiteren Geschichte wurde aus den Kosaken – einst die wildesten und meist gefürchteten Krieger jener Tage – Eliteeinheiten im Dienste des Zaren. Eine Eigenart lediglich hatte sich unverändert über Jahrhunderte gehalten und sollte das Geschick der Kosaken des 20. Jahrhunderts nachhaltig prägen – die Liebe zu der Musik ihres Volkes, die sie einst bei Nacht an den Lagerfeuern gesungen hatten, Lieder und Balladen mit einer Ausdrucksgewalt, in der sich tiefe Melancholie mit überschäumendem Temperament verbindet und die Heldentaten, aber auch Romanzen längst vergangener Zeiten in neuem, hellem Glanz erstrahlen lässt. (C) TROJA, 2003

Woher stammt der Begriff Kosak?

Der Begriff „Kosak“ stammt ursprünglich aus dem Tatarischen. Bei den Tataren wurden damit kleine, leicht ausgerüstete Heeresabteilungen bezeichnet. Oft handelte es sich um einzelne Reiter oder um vom Khan (dem Oberhaupt der Tataren) unabhängige militärische Einheiten. Ethnisch sind die Kosaken jedoch trotz ihres entlehnten Namens Russen bzw. Ukrainer. Im 15. Jahrhundert bildete die ständige Gefahr von Überfällen der tatarischen Goldenen Horde für die südlichen Randbezirke des russischen und des polnisch-litauischen Staates eine Bedrohung, welche die damals noch schwach entwickelte Staatsmacht aus eigenen Kräften nicht beseitigen konnte. So wurden die Grenzbewohner zu Kriegern, welche sich die Kriegstaktik des Gegners aneigneten. Den tatarischen Reitern standen russische Reiter gegenüber, welche von ihren Feinden nicht nur die Kampftaktik, sondern auch die Bezeichnung „Kosaken“ übernahmen.

Wann entstanden die Don Kosaken ?

Von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an entstand am Fluss Don die Gemeinschaft der Don Kosaken, gleichzeitig bildeten ukrainische Kosaken weit in der Steppe eine ähnliche Gemeinschaft, die Saporosher Setsch (Siedlung Saporozhje am Unterlauf des Dnjepr). Von diesen stammen die zahlreichen weiteren Kosakengemeinschaften ab, welche ihre z. T. wechselnde Bezeichnungen von der Gegend ihres Einsatzes erhielten: Die Jaik-Kosaken (später Ural-Kosaken) und das Heer der Orenburger Kosaken spielten bei der Kolonisierung Sibiriens eine bedeutende Rolle (vgl. Pesnokhorki Vol. II). Aus Don-Kosaken wurde 1732 das Heer der Wolga-Kosaken gebildet, das bereits 1770 in den Nordkaukasus verlegt wurde. Ebenfalls zur Kolonisation und Sicherung der nordkaukasischen Eroberungen wurden die Greben- oder Terek-Kosaken eingesetzt. Aus ukrainischen Kosaken der im 18. Jahrhundert aufgelösten Saporosher Setsch entstanden die unter Katharina II. gebildeten Schwarzmeer-Kosaken, die gegen die Türkei eingesetzt wurden, und die Asow-Kosaken. Diese hatten zuerst als Donau-Kosaken dem türkischen Sultan gedient, 1828 ging das Heer wieder in russische Hände über und wurde im westlichen Nordkaukasus (Kubangebiet) eingesetzt.

Die Verwaltung des Heers

Die Verwaltung des Heers lag in den Händen des Ataman (Anführer des Heeres), der wie sein Gehilfe, der Jessaul (Rittmeister), und ein für den Schriftverkehr zuständiger Heeresamtschreiber von der allgemeinen Kosakenversammlung (Krug russ. wörtl. Kreis) gewählt wurde und jederzeit seines Amtes enthoben werden konnte. Alle wichtigen Fragen wurden von der Versammlung entschieden. Der Ataman und sein Gehilfe waren nur Vollzieher des Willens der Versammlung. In die gemeinsame Zuständigkeit des Atamans und der Versammlung gehörten sowohl alle mit den Truppen verbundenen Angelegenheiten als auch Gerichtsverhandlungen. In allen Kosakensiedlungen gab es eigene Volksversammlungen und gewählte Älteste, die für das Innenleben der Siedlung verantwortlich waren.
Während eines Feldzuges machten diese demokratischen Einrichtungen der despotischen Herrschaft des Ataman Platz. Dieser war jedoch verpflichtet, der Gemeinde nach der Heimkehr Rechenschaft über den Feldzug abzulegen.

Zunahme der Kosakenraubzüge

Das im 17. Jahrhundert sich zusehends verschlechternde Leben der russischen Bauernschaft führte zur Flucht großer Bevölkerungsmassen an den Don und zur Zunahme der Kosakenraubzüge an die Wolga. Gestützt auf die armen Kosaken organisierte 1669 Stenka Rasin seinen Aufstand. Als er von den Truppen des Zaren geschlagen an den Don floh, wurde er jedoch vom Ataman der Don Kosaken zur Aufgabe gezwungen und ausgeliefert.

Der Aufstand des Bulawin

Eine ihrer wichtigsten Freiheiten, das Recht, Flüchtige nicht an die Regierung auszuliefern, verloren die Kosaken unter Peter dem Großen (1672 – 1725). Der Versuch, die Auslieferung Entlaufener bei den Don-Kosaken mit Gewalt durchzusetzen, führte 1707 zum Aufstand von Kondratij Bulawin, den die Regierung nur mit Mühe zu unterdrücken vermochte. Der Aufstand des Bulawin führte zu einer weiteren Schmälerung der alten Freiheiten:

Die Kosakenheere verloren nach und nach

So verloren die Kosakenheere nach und nach die Möglichkeit, sich gegen die Regierungspolitik zu stemmen. Sie wurden für den Staat, dessen Verteidigungsmittel mit der im 18. Jahrhundert eingeführten regulären Armee wesentlich gestärkt waren, keine Gefahr mehr. Gleichzeitig wurden die Staatsgrenzen immer weiter nach Süden verschoben, und mit der Errichtung der zahlreichen Festungen entlang der Grenze verschwand in den Augen der Regierung ein weiterer Grund, das selbständige Kosakentum am Leben zu erhalten. Sie setzte Kosaken militärisch immer häufiger außerhalb ihrer Gebiete ein und veränderte die innere Ordnung der Kosaken Gemeinden: Sie legitimierte die Ständeteilung und das Privateigentum an Grund und Boden, beschränkte die Selbstverwaltung auf Gemeindeversammlungen; mit einem Wort, der bürgerliche Lebensstil des übrigen Russland setzte sich auch bei den Kosaken durch, und von den das alte Kosakentum kennzeichnenden Besonderheiten blieb einzig der ständige Militärdienst erhalten, allerdings angepasst an die Erfordernisse einer zeitgemässen Armee.

„Die Geschichte der Kosaken“, in Auszügen mit freundlicher Genehmigung von Albi-Face Music Switzerland 2003/3

"Ein Chor, der singend betet und betend singt"